Gemeinsam mit unserem Ludwigshafener Alt-Oberbürgermeister Dr. Werner Ludwig machte ich mich am 21.5.2010 mit dem Auto auf die Fahrt durch unsere wunderschöne Pfalz in die Südwestpfalz. Ganz nah an der Saarländischen "Grenze" waren wir eingeladen, um anlässlich des 40. Geburtstag des Ortsvereins Großbundenbach die Festreden zu halten.
Zum einen war der Ortsverein gerade erst einem wichtigen Genossen benannt: Adolf Ludwig, ein Gewerkschafter und Sozialdemokrat, ein Kämpfer für die Gerechtigkeit und ein Kämpfer für die Anliegen der Arbeiterinnen und Arbeiter - er ist der Vater von Dr. Werner Ludwig, der im Zuge des Festaktes über das politische und private Wirken seines Vaters berichtete.
Ich sprach darüber, ob die Finanzkrise der EU eine Chance oder ein Risiko ist. Dabei ist klar, dass die Krise zwar eine immense Aufgabe für Europa ist. Sie aber auch die Chance ist, durch aktive Politik in Zukunft Krisen zu vermeiden und ein soziales und nicht nur wirtschaftliches Europa zu schaffen. Wir müssen immer bedenken: Es ist eine Krise des Kapitalismus, nicht eine Krise, die die Mehrheit der Menschen verursacht hat. Jahrzehntelang wurden wir beschimpft oder verlacht, wenn wir gesagt hatten, dass wir mehr Regeln auf den Märkten brauchen. Die Ideologie des laissez-faire hat viele Jahre alle politische Einflussnahme abgelehnt. Als dann aber die Bänker und andere Jongleurer virtuellen Geldes merkten, dass sie sich verspekuliert hatten, wurde plötzlich nach dem Staat gerufen, der doch nicht einfach alle im Stich lassen könne. Im Vorfeld der Griechenland-Krise haben einige Hedge-Fonds im großen Stil eine Kreditversicherung gegen einen griechischen Staatsbankrott gekauft. Sie haben also im Prinzip wetten darauf abgeschlossen, dass ein Land Bankrott geht und werden daraus sehr viel Geld schöpfen. Wie kann man sich das vorstellen: Mein Nachbar hat für sein Haus eine Feuerversicherung abgeschlossen. Diese kann ich, Jutta, kaufen und im Falle eines Brandes die Versicherungssumme einkassieren. Also fehlt mir nur jemand, der ein Feuer legt. Dann steht mein Nachbar mit leeren Händen da, und ich habe ein dick gefülltes Bankkonto. Und so etwas passiert auch zum Beispiel mit der Versicherung für den Pensionsfonds der gewerkschaftlich organisierten Lehrer in Kalifornien. Das nenne ich pervers! Jetzt ist aber das System an seine Grenzen gelangt. Jetzt müssen wir die Regeln so fassen, dass wir in Zukunft eine europäische Wirtschaftsregierung haben, die wenigstens die schlimmsten Auswüchse verhindert. Die SPD in Europa hat sich schon früh für Instrumente ausgesprochen, die den Finanzmarkt regulieren:
- Eine Regulierung aller Finanzmarktakteure und aller Produkte sowie höhere Qualitätsstandards und bessere Produktkontrollen, um Finanzmarktkrisen in der Zukunft zu vermeiden.
- Keine Geschäfte außerhalb der Bilanzen.
- Eine Europäisierung und Internationalisierung der Aufsicht, die damit neue Qualität und Durchschlagskraft gewinnt.
Hier haben wir auch tatsächlich einige Erfolge erzielt: Wenn mittlerweile selbst die Schwarz-Gelbe Bundesregierung sich für die Besteuerung internationaler Finanztransaktionen ausspricht, das ist ein Zeichen. Das ist die große Chance, die wir mit der Finanzkrise haben. Eine neue Finanzmarktarchitektur. Aber auch eine neue Diskussion des Sozialstaates. Wurden wir vor ein paar Jahren noch als Betonköpfe bezeichnet, wenn wir uns für einen aktiven Staat mit einer modernen Sozialpolitik ausgesprochen haben, so ist mittlerweile klar, dass es keine Alternative gibt zu aktiver Arbeitsmarktpolitik, vorbeugendem Sozialstaat und staatlich gestützter Beschäftigungsförderung. Ganz Europa hat neidisch auf das deutsche System der Kurzarbeit geschaut. Auch wenn das nur ein Baustein ist, so zeigt es doch, dass wir aktive Arbeitsmarktpolitik brauchen und das diese auch Ihren Sinn hat. Die neuen Beschäftigungspolitischen Leitlinien der EU werden das auf Druck des Parlaments auch vorsehen. Das ist die Chance, die wir haben. Aber wir haben auch ein großes Risiko. Auf dem Weg zu einem Sozialen Europa haben wir schon viele Menschen verloren. Die gilt es nun schnell wieder mitzunehmen, wenn wir aus der Krise heraus kommen wollen. Sonst wird es auch eine Krise der EU bleiben. Im Moment sehe ich aber erstaunliche Fortschritte zu einer modernen Architektur europäischer Wirtschaftspolitik. Die Chance besteht jetzt, wir müssen sie nutzen.
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