Donnerstag, 25. Februar 2010

Europäisches Jahr zur Bekämpfung von Armut

Armut bekämpfen - Jetzt handeln / Pfälzer DGB-Regionsvorsitzende Steinruck und Detjen zum Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung
Seit 1983 werden „Europäische Jahre"  ausgerufen. Zielgerichtete Kampagnen sollen die Öffentlichkeit für einen Themenkomplex sensibilisieren und konkrete Projekte nach sich ziehen.

Dieses Jahr steht  alsEuropäisches Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung" im Zeichen der Sensibilisierung für Armut in den europäischen Gesellschaften. Mit zahlreichen Veranstaltungen und Projekten in den 27 Mitgliedsländern der Europäischen Union plus Norwegen und Island soll europaweit das Bewusstsein für Armut und soziale Ausgrenzung sowie die gesellschaftliche Verantwortung geschärft werden. 

„Wir brauchen jenseits von Hartz IV-Polemik und unsäglicher Beschimpfungen von Arbeitssuchenden seitens einzelner Politiker eine Debatte über Armut in unserer Gesellschaft.", so die DGB-Regionsvorsitzende der Vorder- und Südpfalz, Jutta Steinruck, und Michael Detjen, DGB-Regionsvorsitzender der Westpfalz.

Nach der europäischen Auftaktveranstaltung im Januar in Madrid sei nun bei der Auftaktveranstaltung zum EJ 2010 in Deutschland, die am 25. Februar 2010 in Berlin stattfindet, Gelegenheit dafür, so die beiden Regionsvorsitzenden. Es gelte, die Öffentlichkeit über Ziele und Herausforderungen des Europäischen Jahres zu informieren. Die Auftaktveranstaltung biete den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein Forum, um Erfahrungen und Wissen rund um das Thema Armut und soziale Ausgrenzung auszutauschen und Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Die Schirmherrschaft für Deutschland hat die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Landesbischöfin von Hannover Dr. Margot Käßmann übernommen.

Derzeit leben nach offiziellen Angaben fast 80 Millionen Europäerinnen und Europäer – 17 % der EU-Bevölkerung – unterhalb der Armutsgrenze. Auch die kürzlich veröffentlichten Eurobarometer-Umfragedaten zum Thema Armut veranschaulichten, dass eine große Mehrheit der Europäer (73 %) Armut als verbreitetes Problem in ihrem Land sieht.  89% forderten, dass ihre Regierung rasch etwas dagegen unternimmt. Zwar sehen die meisten Bürger in erster Linie die eigene Regierung in der Pflicht, aber 74 % erwarteten auch von der EU hier eine maßgebliche Rolle. 

Steinruck, die auch Abgeordnete für Rheinland-Pfalz im Europäischen Parlament ist, ergänzt: „Bei Schlüsselakteuren wie Regierungen und Sozialpartnern aber auch in der breiten Öffentlichkeit fordern wir klare Bekenntnisse zur Entwicklung europäischer und nationaler Strategien gegen Armut. Wir stehen vor der dringenden Aufgabe, die soziale Integration in allen Mitgliedsländern zu fördern." 

Im Rahmen der deutschen Umsetzung des europäischen Themenschwerpunktes erhalten im Jahr 2010 beispielsweise 40 Projekte aus allen Bundesländern eine Förderung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Mit dabei sind Initiativen von verschiedensten Trägern, von Wohlfahrtsverbänden, Kirchen und Stiftungen. Auch ein Projekt aus Rheinland-Pfalz wird seit Februar gefördert.  Besonders armutsgefährdet in Deutschland sind Alleinerziehende (zu 36 Prozent armutsgefährdet laut EU-SILC 2008), Menschen mit Migrationshintergrund (26 Prozent laut Sonderauswertung des Mikrozensus 2008) sowie Personen mit niedrigen Qualifikationsniveau (23 Prozent laut EU-SILC 2008) und von Arbeitslosigkeit und Niedriglöhnen Betroffene.

In der Pfalz leben momentan 89371 Menschen (Januar-Zahlen der Bundesagentur für Arbeit) in sogenannten Bedarfsgemeinschaften, darunter eine großer Anteil Kinder unter 15 Jahre.

Michael Detjen und Jutta Steinruck: "Gerade für diese Personengruppen besteht dringender Handlungsbedarf. Bei ihnen müssen Unterstützungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt und auch in Zeiten knapper Kassen gewährleistet werden." Hier müssten die auf der Konferenz in Berlin zu diskutierenden Lösungsansätze greifen.

Beispiele für die steigende Armutsgefährdung sehen Steinruck und Detjen auch in den Städten der Pfalz, in denen leider immer mehr Menschen auf die Unterstützung durch „Tafeln" angewiesen sind:

Die Ludwigshafener Tafel beispielsweise versorgt, nach eigenen Angaben, zurzeit täglich 90 Familien mit einem Lebensmittelpaket für einen Euro. Auf einer Warteliste stünden weitere 65 Familien, die aber erst dann besser versorgt werden könnten, wenn mehr Lebensmittel gespendet würden. Aufgrund wirtschaftlicher Probleme würden derzeit weniger Lebensmittel an die Tafel abgegeben.

In diesem Zusammenhang verweisen die beiden Regionsvorsitzenden auch auf die anstehende Konferenz des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen, die zusammen mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund Bezirk West und der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege im Lande am 4. März 2010 in Koblenz stattfindet. Dort soll der 4. Armuts- und Reichtumsbericht der Landesregierung vorgestellt sowie Lösungsansätze mit Vertretern der Verbände, Kommunen, Einrichtungen diskutiert werden.

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