Freitag, 14. Januar 2011

Newsletter der SPD-Europaabgeordneten

Insgesamt kommen wir Europaabgeordneten in diesem ersten Halbjahr 2011 zu acht Plenarsitzungen zusammen. Neben den monatlichen Plenarsitzungen in Straßburg werden wir im Februar und März jeweils an zwei Tagen in Brüssel tagen. Bis zur Sommerpause ist also mit zahlreichen Entscheidungen aus unterschiedlichen Themenbereichen zu rechnen, an denen wir bereits jetzt in den Gremien des Europaparlamentes arbeiten. Dazu gehören zum Beispiel unsere Vorschläge zur besseren Koordinierung der Wirtschaftspolitiken in der EU. Außerdem bereiten wir die abschließende Lesung über die Richtlinie zu sog. „neuartigen Lebensmitteln“ vor und der nichtständige Ausschuss zum mehrjährigen Finanzrahmen arbeitet an seinem Abschlussbericht.

In der kommenden Woche aber werden wir uns zunächst mit dem Programm der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft befassen, das uns der ungarische Ministerpräsiden Victor Orban am Mittwoch im Plenum vorstellen wird. Für die nächsten sechs Monate hat Ungarn die Präsidentschaft zum Jahreswechsel turnusgemäß von Belgien übernommen. Viel Diskussion und Kritik gab es zum zeitgleich in Kraft getretenen neuen ungarischen Mediengesetz, das große Zweifel an der Gewährleistung der Medienpluralität in Ungarn aufkommen lässt. Außerdem werden wir über die Richtlinie zu grenzüberschreitenden Patientenrechten abstimmen, die eine gesundheitliche Behandlung im EU-Ausland erleichtern wird. Aus aktuellem Anlass steht der Dioxin-Skandal in Deutschland auf der Tagesordnung. Unter welchem Europäischen Motto das Jahr 2011 steht und welche europäischen Städte sich in diesem Jahr mit dem Titel „Europäische Kulturhauptstadt“ schmücken, wollen wir Ihnen auch nicht vorenthalten. Und zum Schluss des Newsletters finden Sie einen Hinweis auf einen Foto-Jahresrückblick 2010.

Wir wünschen Ihnen eine angenehme Lektüre!
Ihre SPD-Europaabgeordneten

Übrigens: Sie können die Plenardebatte der nächsten Woche auch live im Internet unter diesem Link verfolgen.

Die Themen im Einzelnen:

Holpriger Start: Ungarische Ratspräsidentschaft
Klare Verhältnisse: Grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung
Stellungnahme: EU-Kommission zum Dioxin-Skandal in Deutschland
Schon gewusst? 2011 ist das Europäische Jahr der Freiwilligentätigkeit
Eine Reise wert: Europäische Kulturhauptstädte Turku und Tallinn
Rückblick 2010: Ereignisse im Europäischen Parlament in 12 Bildern
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Holpriger Start: Ungarische Ratspräsidentschaft
Die Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch die ungarische Regierung zum 1. Januar 2011 wird überschattet von der massiven Kritik, die europaweit am neuen ungarischen Mediengesetz erhoben wird. Es bestehen ernste Bedenken, dass die neuen gesetzlichen Bestimmungen, die ebenfalls am 1. Januar 2011 in Ungarn in Kraft getreten sind, die Meinungs- und Medienfreiheit gravierend gefährden. Hauptkritikpunkte sind zum einen unbestimmte und auslegungsbedürftige Begriffe, deren missbräuchliche Anwendung nicht auszuschließen ist. Außerdem soll die Kontrolle über den öffentlich-rechtlichen und den privaten Mediensektor durch ein regierungsnahes Aufsichtsgremium wahrgenommen werden. Der nationalkonservative Ministerpräsident Viktor Orbán regiert in Ungarn mit einer Zweidrittel-Mehrheit.

Wir Sozialdemokraten im Europäischen Parlament haben die Initiative ergriffen und den Innenausschuss des Parlaments beauftragt, die Bestimmungen des neuen Gesetzes in einer Sondersitzung am kommenden Montag in Straßburg eingehend zu untersuchen. Unter Beteiligung von Vertretern des Ausschusses für Kultur und Bildung, der internationalen Medien sowie der betroffenen EU-Kommissarinnen Viviane Reding und Neelie Kroes soll das Parlament auf Grundlage der Untersuchungsergebnisse entscheiden, wie es weiter vorgeht. Ungeachtet dieser parlamentarischen Prüfung fordern wir Sozialdemokraten die Europäische Kommission auf, ihre eigenen, parallel stattfindenden Prüfungen des umstrittenen Mediengesetzes zügig abzuschließen und ihre Aufgabe als Hüterin der Verträge entschlossen wahrzunehmen. Das Recht, Informationen ohne behördliche Eingriffe zu empfangen und weiterzugeben sowie die Gewährleistung der Medienpluralität in den EU-Mitgliedstaaten sind in der Europäischen Charta der Grundrechte verankert. Diese ist für alle EU-Mitgliedstaaten ohne Abstriche bindend. Europa darf nicht erlauben, dass Ungarn oder eine andere Regierung die europäischen Grundwerte der Europäischen Union aufs Gröbste missachtet. In einem offenen Brief hat die sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament daher die eindringliche Bitte an den ungarischen Ministerpräsidenten formuliert, das Gesetz insgesamt zurückzuziehen – auch, um die ungarische Präsidentschaft nicht weiter zu belasten.

Wir erwarten mit Spannung, wie sich Ministerpräsident Orbán am Mittwoch im Plenum bei der Präsentation der Ziele der Ratspräsidentschaft verhalten wird. Ein Stück weit scheint der öffentliche Druck Wirkung zu zeigen. Orbán hat zwischenzeitlich die Notwendigkeit für Prüfungen zugegeben. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Einsicht auch die aus unserer Sicht erforderlichen Konsequenzen folgen und der Weg frei wird, um das Arbeitsprogramm der sechsmonatigen Präsidentschaft, die unter dem Motto „Starkes Europa“ steht, zu bewältigen. Immerhin werden die Minister und Beamten aus Ungarn in den kommenden Monaten zu den wichtigsten Partnern für uns Europaabgeordnete, weil das Europaparlament gemeinsam mit dem Rat Gesetzgeber der Europäischen Union ist. Der Ratspräsidentschaft kommt dabei die wichtige Aufgabe zu, bei den Gesetzesverhandlungen Kompromisse auszuhandeln. Die vielen dringenden Themen, vor denen die Europäische Union steht, bedürfen einer gut funktionierenden institutionellen Zusammenarbeit, die nicht durch die umstrittenen gesetzlichen Regeln des ungarischen Mediengesetzes belastet werden dürfen.

Die ungarische Regierung nennt folgende Schwerpunkte, auf die sie sich konzentrieren möchte: Neben der Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion stehen die Beitritte Rumäniens und Bulgariens zum Schengen-Abkommen auf der Agenda. Besonderes Interesse hat Ungarn ferner an der EU-Donaustrategie. Außerdem soll das Stockholmer Programm sowie der EU-Beitritt Kroatiens vorangetrieben werden. Die offizielle Internetseite der ungarischen Ratspräsidentschaft mit vertiefenden Informationen finden Sie unter www.eu2011.hu.

Klare Verhältnisse: Grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung
Ebenfalls am Mittwoch nächster Woche werden wir über das Verhandlungsergebnis zu grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgungen abstimmen, das zwischen Rat, Parlament und EU-Kommission ausgehandelt wurde. Für Patientinnen und Patienten bedeutet es einen riesigen Fortschritt, zu dem wir Sozialdemokraten maßgeblich beigetragen haben. Mit den Regelungen wird eine klare Rechtsgrundlage geschaffen für geplante Gesundheitsversorgungen, die Patientinnen und Patienten nicht in ihrem Heimatland, sondern in einem anderen EU-Mitgliedstaat in Anspruch nehmen möchten. Künftig sind die Voraussetzungen für die anschließende Kostenübernahme im europäischen Ausland klar geregelt. Im Unterschied zu Gesundheitsbehandlungen infolge von Unfällen, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat passieren, gab es für geplante Behandlungen wie beispielsweise Knie-Operationen, MRT-Untersuchungen bis hin zu zahnärztlichen Untersuchungen bisher keine eindeutigen Regelungen.

Wir Sozialdemokraten hatten uns bei der Abstimmung in der ersten Lesung im Frühjahr 2009 enthalten, weil wesentliche Kernforderungen unsererseits nicht erfüllt waren. Dazu gehörte beispielsweise, dass Mitgliedstaaten die Möglichkeit hatten, die Erstattung der Behandlungskosten für Krankenhausaufenthalte und teure Spezialbehandlungen von einer Vorabgenehmigung abhängig zu machen. In den Verhandlungen konnten wir die Ausgestaltung dieser Vorabgenehmigungen in unserem Sinne erreichen. Sie dürfen in Zukunft verlangt werden, wenn die Planungssicherheit und die Finanzierbarkeit der nationalen Gesundheitssysteme andernfalls gefährdet wäre. Zulässig sind Vorabgenehmigungen in der Regel bei sehr kostenaufwändigen Behandlungen, zum Beispiel, wenn mit ihnen ein Krankenhausaufenthalt einhergeht. Klar geregelt wird aber auch, in welchen Fällen die Genehmigung verweigert werden kann. Ablehnungen müssen begründet werden, so dass die Patientinnen und Patienten die Entscheidungen nachvollziehen und gegebenenfalls dagegen vorgehen können. Auch für die Erstattung der Behandlungskosten wurden eindeutige Regelungen gefunden: Die Mitgliedstaaten müssen künftig diejenigen Kosten für eine Behandlung in einem anderen Mitgliedstaat bis zu der Höhe erstatten, die für die gleiche Behandlung im eigenen Land bezahlt werden würde. Wer sich also dafür entscheidet, sich in einem EU-Mitgliedstaat behandeln zu lassen, sollte vorher einen Kostenvergleich anstellen. Die Mitgliedstaaten werden durch die Richtlinie verpflichtet dafür zu sorgen, dass die Gesundheitsanbieter entsprechende Kostentransparenz ermöglichen.

Vorteile für Patientinnen und Patienten entstehen ferner durch die Errichtung nationaler Kontaktstellen, bei denen sich die Betroffenen über ihre Rechte und Möglichkeiten informieren können. Darüber hinaus werden europäische Referenzzentren in Zukunft für verbesserten fachlichen Austausch innerhalb der EU sorgen und die Erforschung und Behandlung seltener Krankheiten verbessern. Aus sozialdemokratischer Sicht ist das Verhandlungsergebnis ein gelungener Kompromiss, der sowohl die Funktionsfähigkeit der nationalen Gesundheitssysteme als auch die bestmögliche Behandlung der Patientinnen und Patienten in der EU sicherstellt.

Stellungnahme: EU-Kommission zum Dioxin-Skandal in Deutschland
Anlässlich des Dioxin-Skandals in Deutschland hat das Europäische Parlament die EU-Kommission aufgefordert, zu der Situation und den Konsequenzen Stellung zu nehmen. Am Montag werden wir Europaparlamentarier entsprechend informiert. Wir deutschen Sozialdemokraten im Europäischen Parlament fordern eine lückenlose Rückverfolgbarkeit für die gesamte Futter- und Lebensmittelkette. Außerdem muss sichergestellt werden, dass das Verursacherprinzip konsequent in der ganzen Kette greift. Insgesamt fordern wir mehr staatliche Kontrollen, da das System der Eigenkontrolle in der Vergangenheit offensichtlich nicht vernünftig funktioniert hat.

Schon gewusst? 2011 ist das Europäische Jahr der Freiwilligentätigkeit
2011 ist das Europäische Jahr der Freiwilligentätigkeit. Seit 1983 stellt die Europäische Union ein sozio-kulturelles Thema in den Mittelpunkt, auf das während des gesamten Jahres auf nationaler und europäischer Ebene in verschiedenen Formaten öffentlich hingewiesen wird. In diesem Jahr wird auf die Arbeit der vielen ehrenamtlich tätigen Menschen hingewiesen, die tagtäglich einen positiven und unverzichtbaren Bestandteil für den sozialen Zusammenhalt und die Solidarität der europäischen Bürger leisten.

Eine Reise wert: Europäische Kulturhauptstädte Turku und Tallinn
In diesem Jahr sind das finnische Turku und die estnische Hauptstadt Tallinn Kulturhauptstädte Europas. Die Finnen werden ihre Stadt unter dem Motto „Feuer und Flamme“ präsentieren, während Tallinn mit „Geschichten vom Meer“ von sich reden machen wird. Auch diese Initiative gibt es schon seit 1985. Bisher wurden mehr als 30 Städte zu Kulturhauptstädten Europas ernannt. Ziel der Idee ist, einerseits den Reichtum, die Vielfalt und die Gemeinsamkeiten des kulturellen Erbes in Europa herauszustellen und ein besseres Verständnis der Bürger Europas füreinander zu ermöglichen. Vielleicht gehören Sie in diesem Jahr auch zu den zahlreichen Besuchern von Turku oder Tallinn?

Rückblick 2010: Ereignisse im Europäischen Parlament in 12 Bildern
Abschließend noch ein Rückblick auf das vergangene Jahr. Auf der offiziellen Seite des Europäischen Parlaments finden Sie 12 ausgewählte Bilder zu besonderen Ereignissen im Parlament während des vergangenen Jahres.

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