Mittwoch, 12. Dezember 2012

EU-Gipfel: Merkel verschleppt wichtige Reformen bis nach Bundestagswahl


Auf ihrem Juni-Gipfel verkündeten die Staatschefs noch vollmundig, sie wollten nach Jahren des drastischen Sparkurses endlich auch das Wachstum in der Eurozone ankurbeln. Den einzig wirklich innovativen Vorschlag Van Rompuys, zusätzliche Gelder für Wachstumsreformen einzusetzen, will die Bundesregierung jetzt auf den Sanktnimmerleinstag verschieben. Grund dafür: Bundeskanzlerin Merkel opfert wieder einmal das Wohl Europas den anstehenden Wahlen.


Das EU-Parlament hat einen ehrgeizigen Fahrplan für den schnellen Ausstieg aus der Krise vorgelegt. Doch der Europäische Rat ist nicht gewillt, die Eurozone aus der Krise zu führen. Es wird Zeit, dass die Regierungschefs aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen und Verantwortung für die sich immer weiter verschärfende Krise übernehmen.


Der Vorschlag individueller Reformverträge zwischen Mitgliedstaaten und den EU-Organen darf nicht zur Verhängung undemokratischer Auflagen führen, für die es im Gegenzug Hilfsgelder gebe. Nationale Parlamente könnten die Verträge sonst nur noch “als Bittsteller abnicken”. Eine Alternative zu den “undemokratischen Pseudo-Vereinbarungen” wäre, verbindliche Leitlinien für die wirtschaftspolitische Koordinierung in Mitentscheidung mit dem EU-Parlament abzustimmen. Nur so sehen die Bürgerinnen und Bürger welche politische Kraft verantwortlich für Reformen zeichnet und wer sich tatsächlich für mehr Wachstum in Europa einsetzt.


Vor dem EU-Gipfel zeichnet sich eine Einigung zum Aufbau der gemeinsamen europäischen Bankenaufsicht ab. So sollen zunächst nur systemrelevante und staatlich gestützte Finanzinstitute von der Europäischen Zentralbank beaufsichtigt werden. Von den allermeisten kleinen Banken in Europa geht ein überschaubares Risiko für die Volkswirtschaft aus. Deshalb können sie getrost unter der Aufsicht nationaler Behörden bleiben, solange die EZB alle erforderlichen Durchgriffsrechte für den Ernstfall bekommt. Bedauerlich ist allerdings, dass die europäische Bankenaufsicht nicht bereits im Januar 2013 ihre Arbeit aufnehmen kann. Den Kompromiss, der sich jetzt abzeichnet, hätte die Bundeskanzlerin so schon im Sommer vorschlagen können. Stattdessen hat sie erst laut nach einer Bankenaufsicht geschrien und dann ohne Konzept auf der Bremse gestanden. Europa hat jedoch weiter wertvolle Zeit verloren auf dem Weg zu einer wirklichen Stabilisierung des Bankensektors.


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