Europäisches Parlament debattiert über jüngste Entwicklungen in Ungarn
Ein scharfer Wind blies dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán im Plenum des Europäischen Parlaments entgegen. Zur Debatte über die politischen Entwicklungen in Ungarn, die auf Vorstoß der sozialdemokratischen Fraktion am Mittwochnachmittag in Straßburg stattfand, hatte sich der Regierungschef selbst eingeladen, um die umstrittenen Verfassungs- und Gesetzesänderung aus seiner Sicht zu erklären. Am Tag zuvor hatte die EU-Kommission drei Vertragsverletzungsverfahren gegen die ungarische Regierung eingeleitet. Gründe hierfür sind die Gefährdung der Unabhängigkeit der ungarischen Zentralbank, der Justiz sowie die Abschaffung des Postens des unabhängigen nationalen Datenschutzbeauftragten.
Ich finde, dass dies ein wenig überzeugender Auftritt von Orbán war, denn nur die Bereitschaft zu signalisieren, in einen lediglich technischen Dialog über die Vereinbarkeit der umstrittenen Verfassungs- und Gesetzesänderung mit den europäischen Gesetzen treten zu wollen, wird nicht ausreichen. Denn man muss ganz klar sagen, dass es hierbei nicht um rechtliche Auslegungen und kosmetische Korrekturen geht, sondern um den Kern der Europäischen Union, nämlich unsere Werte und Freiheiten!
Ich warne die EU-Kommission davor, nicht erneut den Fehler zu machen und wie zuletzt vor einem Jahr beim Mediengesetz die politische Dimension nicht deutlich genug zu betonen, denn die Kommission muss ihrer Rolle als Hüterin der Verträge gerecht werden und dem ungarischen Regierungschef wenn nötig die Stirn bieten. Deshalb reicht es nicht aus, wenn die Kommission allein die Unabhängigkeit der ungarischen Zentralbank oder die mögliche Diskriminierung von Richtern aufgrund des Alters prüft. Das eigentliche Kernproblem, nämlich der Angriff auf die Unabhängigkeit der ungarischen Justiz, muss klar benannt werden!
Ich weise daraufhin, dass die drei von der EU-Kommission eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren lediglich nur ein erster richtiger Schritt seien. Sollte Viktor Orbán die umstrittenen Gesetze nicht ändern, so müsse die politische Entscheidung wenn nötig durch weitere Verfahren getroffen werden. Dabei seien auch Sanktionen nach Artikel 7 des EU-Vertrages zu prüfen, der unter anderem die Entziehung des Stimmrechts im Rat für Mitgliedsländer vorsieht, die gegen fundamentale Werte der Union, wie Demokratie, Menschenrechte, Grundfreiheiten und Rechtsstaatlichkeit verstoßen.
Ich nehme auch die Regierungen der Mitgliedstaaten und alle parteipolitischen Fraktionen im Europäischen Parlament mit in die Pflicht denn die Europäische Union befindet sich womöglich in der schwersten Krise seit ihrem Bestehen. Die Bewältigung aller Herausforderungen kann nur im Schulterschluss aller Staaten und mit großer Unterstützung aller Bürgerinnen und Bürgern gelingen. Deshalb ist es wichtig, dass alle Europäischen Institutionen und demokratischen Parteien für die fundamentalen Werte, auf deren unsere Union gründet, eintreten und sie verteidigen. Viktor Orbán verrät unsere europäischen Werte und sein Volk. Europa darf nicht daneben stehen und zuschauen!
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