Mauschelei der Mitgliedstaaten stoppen
Die Bundesregierung und eine Reihe weiterer EU-Staaten wollen scheinbar eine lückenlose Aufklärung des US-EU-Überwachungsskandals verhindern. Wenn am Donnerstag der Ausschuss der ständigen Vertreter in Brüssel tagt, werden die EU-Botschafter voraussichtlich auch das Mandat für die so genannte hochrangige EU-US Expertengruppe für Sicherheit und Datenschutz verabschieden. Die Befugnisse dieser Expertengruppe, die ab dem 26. Juli mit den USA den Überwachungsskandal untersuchen soll, wollen die Mitgliedstaaten allerdings stark verwässern.
Ziel der hochrangigen Expertengruppe ist es, Licht ins Dickicht dieser schwerwiegenden Vorwürfe zu bringen. Sie muss klären, welche Daten zu welchem Zweck gesammelt werden und welche rechtlichen Kontrollen existieren. Wenn aber die eigentlich sensiblen Themen ausgeklammert werden, verkommt das Gremium zur Farce. Denn die Mitgliedstaaten wollen, dass die EU-Vertreter sich lediglich mit datenschutzrechtlichen Fragestellungen befassen. Nachrichtendienstliche Fragen sollen lediglich auf bilateraler Ebene zwischen Mitgliedstaaten und den USA besprochen werden. Eine transparente parlamentarische Debatte hinge dann vom Gutdünken der nationalen Regierungen ab. Die nationalstaatliche Kompetenz bei Sicherheitsfragen darf kein Grund sein, nicht über das US-amerikanische Prism-Programm zu sprechen. Bei der Überwachung durch die USA geht es um die Verletzung demokratischer Grund- und Freiheitsrechte von EU-Bürgern durch einen ausländischen Geheimdienst – hier ist die EU eindeutig zuständig.
Es bleibt die generelle Problematik, dass die Befugnisse von Geheimdiensten noch rein national geregelt werden. Wir müssen die Rechte von Geheimdiensten exakter definieren und benötigen dafür einen gesamteuropäischen Ansatz. Die fehlende Kompetenz der EU in Fragen der nationalen Sicherheit bietet den Mitgliedstaaten derzeit ein willkommenes Schlupfloch, um ihre mehr als fragwürdigen Überwachungstechniken nicht vor den europäischen Volksvertretern rechtfertigen zu müssen.
Auch das Argument des Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich, man wolle gemeinsam mit den USA ein Gleichgewicht von Freiheit und Sicherheit einhalten, ist Augenwischerei. Ob Körperscanner, Vorratsdatenspeicherung oder Sammlung von Fluggastdaten – wann immer ‘Sicherheit’ als Titel oben drauf steht, geben die Staaten gerne Millionen Euro aus. Bei Themen wie Bürgerrechten und Opferschutz ist von dieser Großzügigkeit dann nicht viel übrig. Wenn Friedrich am Mittwoch vor dem Innenausschuss des Bundestages aussagt, erwarte ich deshalb nicht viel mehr als heiße Luft. Die Kommission darf diesen Kuschelkurs auf Kosten des europäischen Rechtsstaats nicht unterstützen: Prism muss auf den Tisch!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen