Abstimmung über Gesetzespaket zur wirtschaftspolitischen Steuerung wird wegen konservativ-liberalen Zerwürfnisses im Parlament auf Herbst vertagt / Sozialdemokraten fordern breite parlamentarische Mehrheit für einen Pakt mit Wachstumsimpulsen und wirtschaftspolitischem Sachverstand
Die Schlussabstimmung über das Gesetzespaket zur wirtschaftspolitischen Steuerung wurde auf Herbst vertagt. Eine Koalition aus Liberalen, Konservativen und Europaskeptikern wollte mit einer schmalen Mehrheit im Europäischen Parlament eine einseitige Verschärfung des Stabilitätspakts beschließen. Die Koalition zerbrach jedoch in der vorigen Woche. Das Mitte-Rechts-Bündnis ist gescheitert. Eine umfassende Reform der Eurozone lässt sich nicht mit einer hauchdünnen Mehrheit durchs Parlament peitschen. Nur ein starkes Parlament kann den Finanzministern weit reichende Zugeständnisse zur Schaffung einer krisenfesten Eurozone abringen. Statt eine breite Parlamentsmehrheit zu suchen, hatten Konservative und Liberale seit Beginn der Verhandlungen auf schmale Mehrheiten gesetzt und die sozialdemokratischen Forderungen zur Berücksichtigung von Zukunftsinvestitionen ausgeschlagen.
Investitionen sind die Wachstumstreiber unserer Volkswirtschaften. Der Stabilitätspakt darf nicht ausschließlich auf Sanktionen und Kürzungen setzen, sondern muss seine Ignoranz für die Bedeutung von Zukunftsinvestitionen überwinden. Die sozialdemokratische Fraktion fordert, den notwendigen Kurs der Haushaltskonsolidierung mit einer gezielten Investitionspolitik zu verbinden. Der Stabilitätspakt soll demnach nicht nur die Einhaltung der Schuldengrenzen überwachen, sondern auch überprüfen, ob die Mitgliedstaaten sich an vorab vereinbarte Investitionsziele halten. Darüber hinaus soll nach Ansicht der Sozialdemokraten die EU2020-Strategie im Pakt verankert werden: Der Pakt kann einen wahren Mehrwert schaffen, wenn er eine wachstumsfördernde Haushaltskultur in Europa etabliert. Es reicht daher nicht aus, wenn er allein die Höhe der Staatsschulden überwacht. Er muss auch endlich die Qualität der Staatsausgaben hinterfragen. Fördern wir Solaranlagen und Forschungsprojekte oder bleiben marode Bürokratien erhalten? Dieser Frage darf sich der Pakt nicht länger verschließen.
Wir Sozialdemokraten erneuern unsere Bereitschaft, Verhandlungen mit allen Fraktionen zur Neuausrichtung des Stabilitätspakts zu führen. Mit einer breiten parlamentarischen Mehrheit könnte das Parlament mit dem Ministerrat zu einer zügigen Einigung im Herbst kommen. Die Eurozonenreform darf nicht in den Sand gesetzt werden. Für eine breite Einigung müssten Konservative und Liberale sich aber vom Austeritätskurs verabschieden und endlich wirtschaftspolitische Vernunft annehmen.
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