Freitag, 1. Juli 2011

"Moderne Sklaverei" Französischer Staatskonzern missachtet Arbeitnehmerrechte


Mafia-ähnliche Methoden und den Missbrauch der Entsenderichtlinie deckte eine Delegation der europäischen Sozialdemokraten während eines Besuchs auf der Baustelle für ein Kernkraftwerk des staatlichen Stromversorgers EDF in Flamanville in Frankreich am Freitag auf. Die sozialdemokratischen Europaabgeordneten trafen sich mit Vertretern von EDF und den ausführenden Firmen, Gewerkschaftsvertreter und Arbeitnehmern, mit denen sie gemeinsam das Betriebsgelände besichtigten.

 

In diesem Fall haben die verantwortlichen Ingenieure sich an eine Leiharbeitsfirma gewandt, um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu rekrutieren. Die beschäftigten Polen mussten die Sozialabgaben und Steuern sofort abführen, ohne zu wissen, wohin das Geld geflossen ist. Nach der Veröffentlichung dieser Missstände wurden die polnischen Arbeiter am Wochenende sofort nach Hause geschickt. “Nachdem Polen die Ratspräsidentschaft heute übernimmt, zweifle ich nicht daran, dass sich die polnische Regierung für diese Missstände interessiert”, so Jutta STEINRUCK.

 

Die Europaabgeordneten verurteilten die Arbeitsbedingungen scharf, unter denen die entsandten Arbeiter aus anderen Mitgliedstaaten arbeiten müssen. “Es kann nicht sein, dass Unternehmen mit mafia-ähnlichen Methoden die europäischen Regeln missachten und den Beschäftigten die grundllegendsten sozialen Rechte verweigern. Dass dabei ein französischer Staatskonzern Auftraggeber ist, macht dieses Beispiel gewissenloser Auftraggeber noch brisanter. Hierbei muss die Generalunternehmerhaftung neu diskutiert werden”, betonte Jutta STEINRUCK.

 

“Die Europäische Kommission ist jetzt gefragt. Die Regelungen zur Entsendung von Beschäftigten müssen dringend nachgebessert werden. Wir fordern die Barroso-Kommission auf, endlich energisch gegen dieses gesetzlich geschützte Sozialdumping vorzugehen”, unterstrich die SPD-Europaabgeordnete.

 

“Das Schicksal der Beschäftigten in Flamanville in Nordfrankreich ist leider kein Einzelfall. EU-Vorschriften werden über die Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ausgehebelt”, sagte die Europaabgeordnete Jutta STEINRUCK, die zusammen mit ihren Kolleginnen aus der sozialdemokratischen Fraktion, Pervenche Beres und Estelle Grelier, nach Frankreich gefahren ist.

 

“Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union arbeiten, müssen Zugang zu sozialer Sicherheit haben. Sie haben ein Anrecht auf einen existenzsichernden Lohn, auf Rentenansprüche und eine Gewerkschaftsmitgliedschaft. Wir müssen das Prinzip “Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort” endlich in ganz Europa verankern”, sagte die Beschäftigungs- und Sozialexpertin Jutta STEINRUCK.

 

Hintergrund:

Der französische Stromversorger EDF baut zurzeit eine neue Generation Kernreaktoren. EDF hat die Arbeiten an dem 5-Millionen-Investition an den Konzern Bouygues ausgelagert. Rund 3.300 Menschen wurden durch den Subunternehmer angeheuert. 1000 Beschäftigte hiervon sind Leiharbeiter. Mehr als die Hälfte der Leiharbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kommen nicht aus Frankreich. Im Verdacht steht die Zeitarbeitsfirma Atlanco aus Irland, die die Beschäftigten ohne soziale Absicherung arbeiten lassen hat und trotzdem die angeblichen Sozialbeiträge und Steuern kassiert hat. Die Leiharbeitsfirma konnte nicht nachweisen, wohin die Sozialbeiträge und Steuern geflossen sind.


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