Montag, 11. März 2013

Diplomatisches Schweigen hilft bei der Verletzung europäischer Werte nicht weiter


Ich verurteile den bevorstehenden vierten schweren Eingriff in die neue ungarische Verfassung innerhalb von nur wenigen Monaten scharf. Die Zeit zu schweigen ist endgültig vorbei.


Dabei ist klar, dass ein abschließendes Urteil über den neuen Gesetzestext erst nach einer ausführlichen Analyse möglich ist. Die Verfassungsänderung umfasst unter anderem eine weitere Beschneidung der Kompetenzen des Verfassungsgerichts sowie nebulöse Aussagen zum Recht der Regierung Wahlkampagnen einzuschränken. Wir müssen diese Punkte sehr sorgfältig prüfen und zwar in aller Sachlichkeit. Erneut wurden Zivilgesellschaft und Opposition nicht in den Prozess miteinbezogen, was auch der Europarat sehr kritisch sieht. Dies erhärte den Verdacht, dass hier demokratische Standards ausgehöhlt werden.


Die erneute Verfassungsänderung zielt offenbar darauf ab, den so genannten Übergangsregelungen Verfassungsrang zu geben. Diese wurden vom ungarischen Verfassungsgericht als nicht verfassungskonform bezeichnet und es war allgemein umstritten, welchen rechtlichen Stellenwert sie haben. Quasi als Reaktion auf dieses Urteil die betreffenden Regelungen einfach direkt in die Verfassung zu schreiben, halte ich aus rechtsstaatlicher Sicht für sehr bedenklich.


Für mich sind die europäischen Werte der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit keine bloßen Floskeln, sondern fest in den europäischen Verträgen verankert. Die rechtskonservative ungarische Regierung zeigt nunmehr seit zwei Jahren, dass sie wenig Wert auf diese Werte legt – die Europäische Kommission als Hüterin der Verträge muss endlich Klartext mit Herrn Orbàn reden!


Die ungarische Regierung sowie auch die Konservativen im Europäischen Parlament berufen sich immer wieder darauf, dass die Regierung in Budapest doch demokratisch gewählt sei. Dies soll auch gar nicht abgestritten werden, aber gerade aufgrund ihrer verfassungsgebenden Zweidrittel-Mehrheit trägt die Regierung eine besondere Verantwortung. Keine demokratische Mehrheit der Welt berechtigt zum Abbau der Demokratie selbst.


 


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