Freitag, 11. Januar 2013

Nächste Woche im Europaparlament II: Regulierung von Ratingagenturen


Debatte Dienstag, 15.01.2013 ab 16.30 Uhr, Abstimmung Mittwoch, 16.01.2013 ab 12.00 Uhr


Hintergrund: Vor Ausbruch der Finanzkrise erteilten Ratingagenturen hochriskanten Finanzprodukten und maroden Banken mehrfach höchste Bonitätsnoten. Im Zuge der Eurokrise kam es zudem wiederholt zur kurzfristigen und in Teilen wahllosen Herabsenkung der Bonität überschuldeter Mitgliedstaaten, was zu weiteren erheblichen Zinsaufschlägen an den Anleihemärkten führte.


Ziel der Neuordnung und schärferen Regulierung des Ratingmarktes ist es, strukturelle Defizite im Finanzsystem zu beheben und das Fehlverhalten einzelner Agenturen zu unterbinden.


EP-Position: Unter der Federführung des sozialdemokratischen Berichterstatters Leonardo Domenici konnte das Parlament in den Verhandlungen mit Rat und Kommission erhebliche Verbesserungen gegenüber dem Kommissionsvorschlag durchsetzen. Wesentliche Ergebnisse: 1) fester Zeitplan für unaufgeforderte Länderratings: In Zukunft dürfen Ratingagenturen einen Mitgliedstaat nur bis zu dreimal im Jahr bewerten, wobei sie im Voraus für die nachfolgenden zwölf Monate die Zeitpunkte festlegen müssen, an denen sie beabsichtigen, Staatsschulden-Ratings zu veröffentlichen. Abweichungen vom Zeitplan sind zwar denkbar, müssen aber von der EU-Börsenaufsicht ESMA in Paris genehmigt werden. Dadurch soll verhindert werden, dass Ratingagenturen in die politische Agenda eingreifen. 2) Länderratings dürfen keine Empfehlungen oder Weisungen für die nationale Politik enthalten. 3) Roadmap für eine Europäische Ratingagentur: Bis Ende 2016 soll die EU-Kommission die Möglichkeiten ausloten, eine öffentliche europäische Ratingagentur im Rahmen der existierenden institutionellen Kapazitäten zu schaffen. 4) Verweise auf obligatorische externe Ratings werden gestrichen: Bis Ende 2020 soll die EU-Kommission alle Verweise in bestehenden EU-Rechtsakten zur Heranziehung von obligatorischen externen Ratings streichen. 5) Finanzinstitute müssen eigene Risikobewertungen von Finanzprodukten und Investitionsobjekten erstellen, um nicht länger allein auf Ratings angewiesen zu sein. 6) Ratings gelten nicht länger als Meinung, sondern sind künftig als Informationsdienstleistungen definiert. Dadurch unterliegen Ratingagenturen klaren Haftungsvorschriften und können sich bei Fehlbewertungen nicht länger hinter dem Recht auf freie Meinungsäußerung verstecken. Allerdings obliegt hierbei die Beweislast dem geschädigten Anleger. 7) Bewertete Unternehmen und Finanzinstitute müssen alle vier Jahre die sie bewertende Agentur wechseln. Für hochkomplexe Produkte sind zwei Ratings von verschiedenen Agenturen vorgeschrieben. 8) Macht der drei marktbeherrschenden Agenturen wird gebrochen: Um mehr Wettbewerb zu schaffen, dürfen Ratingagenturen mit einem Marktanteil über 20 Prozent nicht mit anderen Ratingagenturen fusionieren. 9) Um Interessenskonflikte einzudämmen, darf ein großer Anteilseigner einer Ratingagentur, der über 5% der Anteile hält, nicht mehr als 5% der Anteile einer weiteren Ratingagentur halten. Zudem darf kein Investor mit mehr als 10% an einer Ratingagentur beteiligt sein, von der er bewertet wird.


SPD-Position: Die SPD-Europaabgeordneten sind der festen Überzeugung, dass eine Reform und strengere Regulierung des Ratingmarktes längst überfällig ist. Denn das Treiben der Ratingagenturen in den vergangenen Jahren und Monaten war weder transparent noch nachvollziehbar. Die Vergabe höchster Bonitätsstufen an Pleitebanken oder die hektische Herabstufung von Eurostaaten haben die Krise weiter befeuert. Es ist daher höchste Zeit, Ratingagenturen in ihre Schranken zu weisen. Das Trilog-Ergebnis wird von allen Fraktionen unterstützt.


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