Ich freue mich über den Beschluss des Europäischen Parlaments, dass Ratingagenturen in Zukunft schärferen Regeln unterliegen sollen. Der Wirtschaftsausschuss sprach sich in seiner Abstimmung am Dienstagnachmittag mit einer klaren Mehrheit für eine weitgehende Verschärfung des EU-Kommissionsvorschlags zur Regulierung von Ratingagenturen aus.
Das Treiben der Ratingagenturen in den vergangenen Jahren und Monaten war weder transparent noch nachvollziehbar. Die Vergabe höchster Bonitätsstufen an Pleitebanken oder die hektische Herabstufung von Eurostaaten haben die Krise weiter befeuert. Eine Reform und strengere Regulierung des Ratingmarktes ist längst überfällig.
Um der besonderen Situation von Länder-Ratings Rechnung zu tragen, legt der Parlamentskompromiss Ratingagenturen daher einen strengen Zeitplan auf: In Zukunft muss eine Ratingagentur jeweils am Ende eines Jahres für die darauffolgenden zwölf Monate die Zeitpunkte festlegen, an denen sie beabsichtigt, Staatsschulden-Ratings zu veröffentlichen. Auffällig oft haben Ratingagenturen in der Vergangenheit mit unangekündigten und kurzfristigen Länder-Ratings in die politische Agenda eingegriffen, Marktturbulenzen vor wichtigen Gipfelentscheidungen provoziert und damit versucht, selber Politik zu betreiben. Es ist daher höchste Zeit, Ratingagenturen in ihre Schranken zu weisen.
Auch um Interessenkonflikte zu vermeiden, gehen wir über den Kommissionsvorschlag hinaus. So dürfen Unternehmen oder Finanzinstitute künftig keine Ratingagenturen beauftragen, an denen sie mit mehr als zwei Prozent beteiligt sind oder sich in einer Position befinden, in der sie signifikanten Einfluss auf die Geschäftstätigkeiten der Agentur ausüben können. Zudem sollen die Einführung einer Rotationspflicht sowie ein Fusionsverbot zu mehr Wettbewerb führen und das Oligopol der marktbeherrschenden Ratingagenturen aufbrechen. Demnach dürfen Ratingagenturen, die mehr als 20 Prozent des Marktes beherrschen, keine anderen Marktteilnehmer aufkaufen. Derzeit dominieren drei große Agenturen 90 Prozent des Marktes. Dieser Zustand widerspricht der Idee von einem fairen Wettbewerb. Die bestehenden Strukturen müssen dringend reformiert werden.
Auf Vorschlag unseres sozialdemokratischen Berichterstatters Leonardo Domenici soll ein Rating nicht weiter als Meinung gelten, sondern künftig als Informationsdienstleistungen definiert sein und klaren Haftungsvorschriften unterliegen. Ratingagenturen dürfen sich nicht weiterhin aus der Verantwortung stehlen können. Wenn Ratings nicht den geforderten Qualitätsansprüchen genügen und zu Fehleinschätzungen führen, müssen schließlich die Verantwortlichen gegebenenfalls auch dafür die Rechnung zahlen.
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