Mittwoch, 11. Juli 2012

Rat stellt EU-Patent in Frage


Juristischer Dienst: Gipfelbeschluss zum EU-Patent rechtsungültig


In Sachen einheitliches EU-Patent bekräftigt der juristische Dienst des Europäischen Parlaments die Bedenken der Europaabgeordneten, dem Beschluss des zurück­liegenden EU-Gipfels zuzustimmen. In einer am Dienstag im Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments in Brüssel vorgelegten ersten rechtlichen Stellungnahme kommen die Juristen zum Ergebnis, dass eine wie vom Rat geforderte Streichung der Artikel 6 bis 8 aus der Patent-Verordnung “die wesentlichen Bestandteile eines materiell-rechtlichen Patentschutzes [...] aufhebt”. Ein einheitlicher Schutz des geistigen Eigentums wäre somit europaweit nicht gegeben, was zur Folge hätte, dass die Anforderungen der entsprechenden Rechtsgrundlage im EU-Vertrag nicht erfüllt wären. Bei einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof könnte die Patentver­ordnung daher möglicherweise kassiert werden.


Schon der gesunde Menschenverstand legt nahe, dass nichts geregelt werden kann, wenn der eigentliche Regelungsgegenstand gestrichen wird. Es ging beim Gipfel wohl nicht um eine fachliche Entscheidung, sondern es wurde ein Kuhhandel auf Drängen des britischen Premierministers betrieben.


Die Mitglieder im Rechtsausschuss waren sich einig, dass der Rat einen schwerwiegenden politischen Präzedenzfall geschaffen hätte. Wie damit weiter umzugehen sei, wird der Rechstausschuss nach der Sommerpause entscheiden. Bis dahin soll der juristische Dienst ein ausführliches Rechtsgutachten vorlegen. Ein kompletter Neustart am Gesetzespaket zum EU-Patent wurde nicht ausgeschlossen.


Jahrelang hat der Rat eine Einigung zum Gemeinschaftspatent blockiert, statt Bürokratieaufwand und Kosten für innovative kleine und mittlere Unternehmen zu senken. Mit dem Wortbruch beim EU-Gipfel machen die Staats- und Regierungschefs genau damit weiter. Wenn sich die Schaffung eines einheitlichen EU-Patents weiter verzögert, so ist allein der Rat dafür verantwortlich.


Hintergrund:


Ursprünglich wollte das Europäische Parlament in der letzten Plenarwoche auf Grundlage eines mit dem Rat bereits im November 2011 vereinbarten Kompromisses über das Gesetzes­paket zum EU-Patent abstimmen. Auf Druck von Großbritannien haben die Staats- und Regierungschefs beim Gipfel am 29. Juni allerdings Artikel der Verordnung gestrichen, die einem EU-Patent den Gemeinschaftsbezug geben. Damit hat der Europäische Rat die bestehende verbindliche Vereinbarung einseitig aufgekündigt. Das Parlament hat daraufhin die Abstimmung verschoben.


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