Montag, 22. Oktober 2012

Diese Woche im Europaparlament: Finanzinstrumente und Wertpapierdienstleistungen strenger regulieren (MiFID)


Debatte Donnerstag, 25.10.2012 ab 15.00 Uhr, Abstimmung Freitag, 26.10.2012 ab 12.20 Uhr


Hintergrund: Ziel des MiFID-II-Pakets ist es, Transparenz und Überwachung der weniger regulierten Märkte – einschließlich der Derivatemärkte – zu verbessern und übermäßige Preisvolatilität an den Rohstoffderivatemärkten einzuschränken. Auch soll der Anlegerschutz gestärkt werden. Der neue Rechtsrahmen, der aus einer Richtlinie und einer Verordnung besteht, soll zudem die Aufsichtsbefugnisse der Regulierungsbehörden ausweiten und klare Verfahrensregeln für alle Handelstätigkeiten vorgeben.


EP-Position: Auf Druck der Sozialdemokraten konnten bei der Abstimmung im federführenden Ausschuss für Wirtschaft und Währung folgende wichtige Punkte in das Gesetzespaket eingebracht werden: 1) Um Spekulationen mit Agrar- und Industrierohstoffen Einhalt zu gebieten, soll künftig die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) mit sogenannten Positionslimits festlegen, welche Marktteilnehmer in welchem Umfang bestimmte Rohstoffe kaufen und halten dürfen; 2) um den computergestützten Hochfrequenzhandel zu entschleunigen, soll auf europäischen Handelsplätzen in Zukunft jede im Computerhandel platzierte Order eine halbe Sekunde gehalten werden; 3) In Zukunft darf sich kein Anlageberater in Europa ‘unabhängig’ nennen, wenn er Provisionen von einzelnen Auftraggebern erhält oder deren Anlageprodukte strukturell bevorteilt.


Offen ist noch, ob ein sofortiger Systemwechsel hin zu einer reinen Honorarberatung erfolgen soll oder ob die Provisionsberatung als regulierte und transparente Säule weiterhin daneben existieren soll. Nach dreieinhalb Jahren soll die EU-Kommission beide Systeme kritisch auf Funktionsweise und Verbraucherfreundlichkeit überprüfen. Das bestehende Provisionssystem ist für Kunden häufig irreführend und voller Anreize für Fehlsteuerungen. Umgekehrt zeigen Erfahrungen in Großbritannien, wo der Systemwechsel zur reinen Honorarberatung schon erfolgt, dass der Kleinanleger dabei auf der Strecke zu bleiben droht, da Banken Beratungsleistungen nicht mehr flächendeckend anbieten. Bsp.: Banco Santander hat angekündigt, künftig nur noch Anleger mit Spareinlagen von mindestens 25.000 Pfund zu beraten.


SPD-Position: Unregulierte Finanzmärkte hatten zu lange freie Bahn, die Finanzlandschaft in einen undurchsichtigen Dschungel aus komplexen Handelsplätzen und unüberschaubaren Finanzprodukten zu verwandeln. Börsen konnten zu Online-Casinos verkommen und Risiken nicht mehr ernsthaft kontrolliert werden. Das muss sich ändern. Das Gesetzespaket ist ein zentraler Schritt, um die Finanzmärkte wieder in den Dienst der Realwirtschaft zu stellen. Die Finanzkrise hat auch gezeigt, dass im System der Provisionsberatung grobe Missstände und Fehlanreize existieren. Die SPD-Europaabgeordneten arbeiten aktiv daran, in partnerschaftlichen Verhandlungen mit den anderen Fraktionen eine Lösung zu finden, die eine transparente Beratung im Interesse des Kunden sicherstellt, bei der sich aber auch der Kleinanleger europaweit auf gute und faire Beratung verlassen kann – unabhängig von seinem Einkommen und Ersparnissen.


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