Während einer hitzigen Debatte im Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments musste EU-Verkehrskommissar Siim Kallas in Sachen Gigaliner dem Widerstand der Abgeordneten nachgeben: Eigentlich wollte Kallas den Mitgliedstaaten erlauben, in Zukunft bilaterale Abkommen über grenzüberschreitende Fahrten von Gigalinern abschließen zu können. Die massiven Proteste der Verkehrspolitiker zwangen den EU-Kommissar aber am Montagnachmittag, von seiner ursprünglich angekündigten Neuinterpretation der entsprechenden EU-Richtlinie 96/53/EG abzusehen.
Ich freue mich, dass das Parlament geschlossen grundlegende Prinzipien des EU-Rechts verteidigt und verhindert, dass die EU-Kommission durch die Hintertür die Gewaltenteilung mit einer fragwürdigen Rechtsinterpretation aufhebt. Eine Überarbeitung der EU-Richtlinie kann nur der Gesetzgeber beschließen – und das sind das Europäische Parlament und der Ministerrat, nicht aber die EU-Kommission.
Die bestehende EU-Richtlinie erlaubt den Einsatz mit den bis zu 25 Meter langen und 60 Tonnen schweren Trucks nur im innerstaatlichen Verkehr. Grenzüberschreitende Fahrten sind demnach verboten. Das hatte Kallas dem SPD-Abgeordneten so auch vor einem Jahr auf seine Anfrage hin bestätigt. Mit einer Neuinterpretation der Richtlinie erwog der EU-Kommissar, dem Druck der LKW-Lobby nachzugeben und den grenzüberschreitenden Verkehr von Gigalinern nun doch zu ermöglichen.
Ich warne den EU-Kommissar während der Ausschussdebatte davor, nicht nur einen Rechtsbruch zu begehen, sondern auch mit dem erklärten EU-Ziel zu brechen, die Attraktivität des Schienenverkehrs gegenüber anderen Verkehrsträgern erheblich zu steigern. Die EU-Kommission würde ein vollkommen falsches Signal senden, wenn sie den grenzüberschreitenden Einsatz von Gigalinern erlaubt. Die zusätzlich notwendigen Investitionen für die Anpassung der Straßeninfrastruktur ständen im direkten Widerspruch zum erst kürzlich verabschiedeten Weißbuch Verkehr. Darin bekennt sich die EU ganz klar dazu, primär umweltschonende Verkehrsträger wie Schiene und Seewege fördern zu wollen. Die EU-Kommission sollte sich daran noch erinnern können, bevor sie die Umwelt und den Steuerzahler weiter belastet.
Ein vernünftiger Vorschlag kann sich nur auf Grundlage von verlässlichen Daten stützen. Daher ist die Kommission gut beraten, das derzeit noch laufende Konsultationsverfahren über eine mögliche Überarbeitung der bestehenden Richtlinie abzuwarten, bevor sie das nächste mal wieder mit einem fraglichen Schnellschuss um die Ecke kommt!
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